Boke
Das mongolische Ringen oder auch boke ist noch vor dem Reiten die klassische mongolische Sportart. Schon in der Grundschule werden die Jungen in den Pausen aufgefordert, ihre Kräfte zu messen. Auf dem Land ist das Ringen ein wesentlicher Teil der Alltagskultur. Neuankömmlinge müssen sich regelmäßig darauf gefasst machen, zu einem Kampf aufgefordert zu werden, was ausdrücklich auch für Ausländer gilt.
Das Besondere am mongolischen Ringen ist der Umstand, dass die Kämpfe weder räumlich durch eine Matte oder einen Ring und auch nicht zeitlich durch Runden oder eine bestimmte Kampfeslänge begrenzt sind.
Die Regeln sind einfach. Verloren hat derjenige, der den Boden mit einem anderen Körperteil als den Füßen berührt. Gegriffen werden darf am ganzen Körper. Würgen und Schlagen sind verboten. Der Kampfrichter wird darauf achten, dass die Kontrahenten ständig einander greifen. Eine Einordnung in unterschiedliche Gewichtsklassen wird nicht vorgenommen.
Die traditionelle Ringerkleidung besteht aus kurzen enganliegenden Shorts und einer langärmligen Jacke, die zur Brust hin offen ist und am Rücken unter dem Schulterbereich abschließt. Als Kampfschuhe werden die traditionellen Stiefel der Nomaden getragen.
Ein wesentliches Element des boke ist der sogenannte Adlertanz, den die Kämpfer vor der Auseinandersetzung aufführen und mit dem der Sieger seinen Triumph begeht. Der Verlierer muss unter dem ausgestreckten Arm des Siegers hindurchgehen.
Weil simples Herausdrängen aus einem eng begrenzten Bereich nicht zum Erfolg führen kann, ist das mongolische Ringen äußerst anspruchsvoll, legt großen Wert auf Hebel- und Wurftechniken, was wiederum Perspektiven für verwandte Sportarten bereithält, bei denen mongolische Sportlerinnen und Sportler mittlerweile erfolgreich reüssieren.
Der japanische Sumoverband rekrutierte seit den 1990er Jahren zunehmend mongolische Kämpfer, um den erheblichen Nachwuchssorgen im eigenen Land zu begegnen und weiterhin ein hohes sportliches Niveau aufrechterhalten zu können. Dies hat bis heute zu einer unvergleichlichen mongolischen Dominanz in diesem urjapanischen Sport geführt. Während mongolische Kämpfer in den vergangenen 20 Jahren 93 Titel bei den sechs jährlichen Turnieren gewannen, entfielen auf japanische Sumotori nur 22 Erfolge. Jeweils einmal konnten ein Georgier, ein Este und ein Bulgare gewinnen. Der Erfolg der mongolischen Ringer speist sich aus der technischen Versiertheit, die sie in die Lage versetzte, weitaus schwerere Gegner durch die Anwendung von Wurf- und Hebeltechniken auszumanövrieren.
Hakuho (mong. Monkhbatyn Davaajargal) und Asashoryu (Dolgorsürengiin Dagvadorj) waren die erfolgreichsten mongolischen Sumoringer. Der eine hat seine Karriere vor kurzem beendet und der andere wurde im Jahre 2010 vom Sumoverband zum Rücktritt gedrängt, nachdem er an einer Schlägerei im Tokyoter Ausgehviertel Roppongi beteiligt war. Hakuho ist mit 42 Titeln der erfolgreichste Sumotori aller Zeiten. Asashoryu liegt mit 25 Titeln immerhin auf Platz vier der ewigen Bestenliste. Weitere erfolgreiche mongolische Ringer waren Harumafuji und Kakuryu. Terunofuji – mit bürgerlichem Namen Gantulgyn Gan-Erdene – ist aktuell der einzige Yokozuna im japanischen Sumo.
Die Technikaffinität des mongolischen Ringens hat auch im Judo bemerkenswerte Erfolge gezeitigt. Auf internationalem Niveau ist Judo mittlerweile der medaillenträchtigste Wettkampfsport für die Mongolei. Seit Athen 2004 konnten mongolische Judoka bei allen Olympischen Spielen Medaillen erringen.