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Ostwärts Reisen

Berlin-Moskau-Irkutsk

Der riesige Baikal liegt nur eine Tagesreise von Ulaanbaatar entfernt. Ein langer Tag zwar, doch wenn man früh aufbricht und an der Grenze ein wenig Glück hat, wird man in den Abendstunden die Gestade des Sees erreichen. Wobei die meisten mongolischen Touristen zunächst in der burjatischen Hauptstadt Ulan-Ude Halt machen, einige Besorgungen erledigen und erst am folgenden Tag die letzten beiden Fahrtstunden zum See absolvieren.

Schon 2018 war Mama an den Baikal gereist – seinerzeit mit dem weiblichen Teil der mongolischen Familie.

In etwa so waren meine Mama, meine Frau, meine Tochter, meine Schwiegermama, meine Schwägerin und deren Tochter zwei Jahre zuvor an die burjatische Ostseite des Baikal gereist. Und weil sämtliche Beteiligten noch immer in seliger Erinnerung schwelgen, wollten wir das unbedingt wiederholen. Die mongolische Familie wäre mit Auto, Flugzeug oder Bahn nach Irkutsk gereist, wir hätten uns dort getroffen, zwei Autos gemietet und wären dieses Mal an der Westküste des Sees umhergefahren. Von Irkutsk runter nach Kultuk an das südwestliche Ende, weiter in die Berge des Sajan ins Resort Arschan mit seinem heilenden Wasser, dann in den trubeligen Ferienort Listwjanka, wo die Angara aus dem See entspringt und schließlich auf die landschaftlich und auch kulturell überwältigende Insel Olkhon.

Das war der grobe Plan, der eigentlich schon im Sommer 2020 verwirklicht werden sollte. Warum das nicht klappte, liegt auf der Hand. Für den Sommer 2021 schienen die Vorzeichen zunächst etwas besser. Schließlich waren sowohl in Ulaanbaatar als auch in Berlin sämtliche erwachsenen Familienmitglieder vollständig geimpft, hatte Russland schon seit längerer Zeit wieder seine Grenzen für touristische Reisen geöffnet.

Dann jedoch schlug Delta zu. Die Mongolei hatte Corona mehr als ein Jahr lang nahezu komplett heraushalten können, doch nun stiegen die Inzidenzen rasant an. Auf Werte bis zu 700 tägliche Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Was die Nachbarn in Russland und China wiederum veranlasste, die Landgrenzen zu schließen bzw. gar nicht erst zu öffnen. Und auf die Wiederaufnahme der Flugverbindungen zwischen Ulaanbaatar und Ulan-Ude bzw. Ulaanbaatar und Irkutsk durfte man nicht wirklich hoffen.

Die mongolische Familie war also raus. Wir wollten das Vorhaben aber dennoch angehen, weil wir zum einen großes Fernweh hatten und ich zum zweiten noch Einiges vor Ort recherchieren wollte. Zwischenzeitlich stiegen jedoch auch in Russland die Fallzahlen wieder an. Das Riesenreich gelangte sogar auf die Liste der Virusvariantengebiete, was zum einen ein Beförderungsverbot zur Folge hatte und zum anderen eine obligatorische 14tägige Quarantäne auch für Geimpfte bei Wiedereinreise nach Deutschland. Nach fünf Tagen Angst und Ungewissheit wurde dieser Schritt angesichts des auch hierzulande steigenden Delta-Anteils wieder zurückgenommen. Russland war zwar noch immer Hochinzidenzgebiet, doch wir konnten die Reise antreten und mussten die bereits bezahlten Flüge nicht in den Wind schreiben. Wir – das waren unsere fünfjährige Tochter Soana, meine Frau Solongo und meine Mama. Letztere wollte nun doch mitkommen, auch wenn sie die mongolische Familie und vor allem Solongos Mama, die liebe Freundin Oyunaa, dieses Mal nicht würde treffen können.

Auf dem Roten Platz.

Moskau – Teil 1

Die Flugpläne waren derart ausgedünnt, dass sich zu angemessenen Preisen keine günstige Umsteigeverbindung von Berlin über Moskau nach Irkutsk finden ließ. Während vor der Pandemie täglich knapp ein Dutzend Flieger Berlin in Richtung Moskau verließen, waren es nun nur noch wenige in der Woche. Dieser Umstand hatte zur Folge, dass wir sowohl auf dem Hinweg als auch bei der Rückreise zwei Nächte in Moskau verbringen mussten. Meiner Mama war das recht, denn sie kannte die russische Hauptstadt noch nicht. Mir hingegen wären vier erholsame Tage mehr am Baikal deutlich lieber gewesen.

Wir hatten allesamt in Berlin einen PCR-Test absolviert, wurden am neuen Flughafen BER an Bord gelassen und landeten pünktlich in Moskau-Scheremetjewo. Bei der Einreise ergaben sich die üblichen Verwicklungen, die immer dann entstehen, wenn Solongo an einer Grenze ihren mongolischen Pass zückt. Unsere Koffer waren wieder die letzten auf dem Gepäckband, doch mit knapper Not erreichten wir den letzten Zubringerzug ins Moskauer Zentrum. Ich hatte ein Hotel in der Nähe des Belarussischen Bahnhofs herausgesucht, was ich für klug hielt, weil hier der Flughafenzug ankommt. Tatsächlich jedoch hätten wir auch ein Taxi nehmen können, denn die neu erwachte Konkurrenz aus Uber und Yandex sorgt für regelrechte Kampfpreise auf den Moskauer Straßen. Für eine vierköpfige Reisegruppe war das Taxi die günstigere und auch deutlich bequemere Alternative zum Zug. Zudem wären wir örtlich flexibel gewesen und hätten nicht im hedonistischen, neurussisch überteuerten Quartier entlang der Twerskaya-Straße unterkommen müssen. Wie falsch diese Entscheidung war, merkten wir schon beim ersten Frühstück, für das wir in einem unscheinbaren Café eine Rechnung von umgerechnet 80 Euro präsentiert bekamen. Auf der ganzen Reise würden wir nie wieder so viel fürs Essen bezahlen müssen.

Mein Herz konnte Moskau zwar noch nicht wirklich erobern, doch natürlich hat die größte Stadt Europas dem Reisenden Einiges zu bieten. Eine ziemlich eigenwillige und definitiv einzigartige Mischung aus zaristischer Pracht, dem architektonischen Erbe von 70 Jahren Sowjet-Ideologie, der Geltungssucht des neuen Russlands und der schieren Wucht einer Metropole von Weltrang. Meine Mama mochte es sehr, als wir bei bestem Wetter die Stadt von Nord nach Süd durchstreiften. Vom Bolshoi-Theater über den Roten Platz zur Christ Erlöser-Kathedrale, von dort auf die andere Seite der Moskwa und schließlich am Denkmal für Peter den Großen vorbei in den lauschigen Gorki-Park. Das kannte ich alles schon, doch immerhin war die Seilbahn an den Sperlingsbergen eine Neuheit für mich. Seit etwa einem Jahr führt sie im Rücken der Lomonossow-Universität über die Moskwa direkt zum Lushniki-Stadion und in den angrenzenden Olympiapark.

Abends ging es im leichten Regen zu Fuß und per Metro zurück zum Roten Platz, wo wir im mondänen GUM-Kaufhaus in der noch aus sozialistischer Zeit erhaltenen Kantine zu Abend speisten. Nicht sonderlich erlesen, aber essbar. Preislich äußerst moderat, womit wir das überteuerte Frühstück wiedergutmachten.

Aussicht vom „Weißen Haus“, dem Regierungssitz der Russischen Föderation.

Unser Flug mit Pobeda Airlines nach Irkutsk würde erst am Abend abheben, sodass wir noch fast einen ganzen Tag in Moskau hatten. Zunächst zog es uns zum sogenannten „Weißen Haus“, dem Regierungssitz der Russischen Föderation, wo sich beim Augustputsch 1991 und noch einmal zwei Jahre später während der Verfassungskrise 1993 bürgerkriegsähnliche Szenen abspielten. Beide Male konnte sich Boris Jelzin durchsetzen und untermauerte so seine Macht als unumschränkter Herrscher über das russische Imperium. Das Regierungsgebäude selbst ist groß und weiß, aber ansonsten recht klobig und unspektakulär. Allerdings bieten sich von hier einige der besten Sichten ganz Moskaus. Über die Moskwa hinweg auf das nicht weit entfernte Wolkenkratzerviertel „Delovoy Zentr“ sowie auf drei der „sieben Schwestern“, der im Zuckerbäckerstil gehaltenen Betonpaläste der Stalin-Ära.

Den vorläufigen Schlusspunkt unserer Moskau-Reise setzten wir auf dem pompösen Gelände der allsowjetischen Ausstellung WDNKh. Meine Mama insistierte zwar auf einer Bootsfahrt über die Moskwa, doch letztlich musste auch sie eingestehen, dass das hier die bessere Alternative war. Das weiträumige Areal mit all seinen Wasserspielen, Pavillons, original erhaltenen Sojusraketen, der Buran-Raumfähre sowie allerlei verspielten Monumenten und Torbögen hatte uns schon drei Jahre zuvor in seinen Bann gezogen. Nachdem vor allem Mama genug gestaunt und fotografiert hatte, beendeten wir unsere erste Moskau-Episode mit einem fürstlichen Mittagessen im armenischen Pavillon. Bei scharfer Ostri-Suppe, Teigtaschen und Salat bereiteten wir uns gedanklich auf Sibirien vor.

Auf der WDNKh, der allsowjetischen Ausstellung.

Endlich Sibirien

Wir wuchteten unsere Koffer noch einmal durch Moskau. Über die vielen kleinen Treppen zwischen den Metrostationen Belarussischer und Kiewer Bahnhof. Strapazen, die die eher geringe Ersparnis im Vergleich zu einem direkten Flughafentaxi kaum rechtfertigten. Immerhin fuhr vom Kiewer Bahnhof planmäßig unser Zubringer zum internationalen Flughafen Vnukovo. Wir hatten Flüge mit Pobeda gebucht, der außerordentlich unkomfortablen Billigtochter von Aeroflot. Peinlichst genau wurde auf die Größe des Handgepäcks geachtet und es ist allein meiner Mama zu verdanken, dass sie meine Radtasche dann doch noch in die metallene Schablone pressen konnte, mit der die Einhaltung der vorgegebenen Normen überprüft wird.

Von Corona hatten wir schon in der Moskauer Innenstadt kaum etwas gespürt. Die Mehrzahl der Menschen trug zwar Maske, aber nur ein Bruchteil von diesen hing vorschriftsmäßig über Mund und Nase. Nicht anders im vollbesetzten Shuttle-Bus, der uns vom Gate zum Flugzeug bringen sollte. Hier waren wir fast eine halbe Stunde eingeschlossen und bei alldem Gehuste ganz froh über unsere Corona-Impfung.

Die Sitzreihen waren noch einmal etwas enger, als bei Ryan Air und Konsorten, die Flugzeit mit knapp sechs Stunden dafür deutlich länger. Wasser wurde nur auf Nachfrage gereicht und alle Passagiere an Bord versuchten nur irgendwie durchzuhalten. Das Ticket war mit knapp hundert Euro signifikant günstiger gewesen, als jenes für die deutlich kürzere Strecke zwischen Moskau und Berlin, doch diese Ersparnis musste mit Strapazen beglichen werden.

Weil wir gegen die Zeit flogen, hatte der neue Tag schon begonnen, als wir in Irkutsk landeten. Der internationale Flughafen war nicht sonderlich groß und hatte offenkundig schon etliche Dekaden auf dem Buckel. Hier herrschte die gleiche Atmosphäre wie fünf Jahre zuvor als ich in Ulan-Ude das erste Mal sibirischen Boden betreten durfte. Und obwohl der Typ von der Mietwagenfirma nicht kam, war ich äußerst entspannt. Viel, viel entspannter als noch in Moskau, denn ich war angekommen, sog die sibirische Atmosphäre regelrecht auf. Nach einer halben Stunde Wartezeit hatten wir Tjungur endlich herbeitelefoniert. Der Wagen, den er brachte, war zwar älter, als das ursprünglich gebuchte Modell, dafür aber auch größer, was angesichts der vielen Koffer durchaus sein Gutes hatte. Beunruhigend war lediglich der riesige Schlaaz in der Scheibe, doch wir sollten uns keine Sorgen machen. Es würde schon alles gutgehen. Nicht nur, dass Tjungur selbst Burjat-Mongole war, das alles schmeckte hier viel mehr nach Ulaanbaatar als nach Moskau.

Meine Frau berichtet der Heimat über die Schönheiten von Erhuu (mongolisch für Irkutsk).

Auftakt in Irkutsk

In Irkutsk hatte ich in der Innenstadt ein recht geräumiges Apartment gebucht. Die Schlüsselübergabe hatte reibungslos geklappt und weil vorher keine Gäste drin waren, durften wir trotz der noch recht frühen Stunde hinein. Die erste Autofahrt durch die ostsibirische Metropole war noch etwas nervös, doch ich gewöhnte mich bald an die sibirische Fahrweise. Schließlich hatte ich die Kunst des entspannten Reindrängelns schon an verschiedensten Orten zwischen Kaliningrad und Ulaanbaatar erprobt.

Meine drei Frauen und Mädels waren vom Nachtflug ziemlich geplättet und wollten schlafen. Ich jedoch hatte den Ehrgeiz, mir sämtliche Sehenswürdigkeiten der Stadt im Eiltempo zu erwandern. Schließlich würden wir schon am nächsten Morgen in die Berge aufbrechen und hätten keine Zeit mehr für Irkutsk. Mit Solongo spazierte ich die Lenin-Straße hinunter bis wir ein ausgedehntes Areal aus Parkflächen, dem Regierungspalast der Irkutsker Oblast sowie dem obligatorischen Siegesmonument erreichten. Dahinter floss schon die Angara und bot herrliche Blicke auf ihre weiten Ufer. Zurück ging es über den Zirkus zur zweiten herrschaftlichen Allee der Stadt. An der Karl-Marx-Straße finden sich nicht nur Läden und Cafés, sondern – zumeist an den Straßenecken – die teilweise liebevoll restaurierten Villen der Dekabristen, die nach ihrem Aufstand gegen Zar Nikolaus im Jahre 1825 hierher verbannt worden waren.

Nachdem sich auch Solongo schlafen gelegt hatte, machte ich mich noch einmal auf den Weg. Dieses Mal in Richtung Süden zum Angara-Ufer und dann die Promenade entlang über das Denkmal für Zar Alexander zu den Inseln der Jugend. Letztere sind ein ausgreifendes Naherholungsgebiet, welches sich auf mehreren, über Brücken miteinander verbundenen Inseln in der Angara erstreckt. Mit Badestrand, Riesenrad, Kindereisenbahn, Sportplätzen und verschiedenen Ausflugslokalen. Zurück ging es durch das Kvartal 130, welches seinem Namen von den insgesamt 130 originalgetreu rekonstruierten sibirischen Holzbauten hat, in denen heute Geschäfte, Souvenirläden, kleinere Museen und vor allem etliche Restaurants und Bars untergebracht sind. Hier fand ich Irkutsk am schönsten, weshalb ich mit Mama, Frau und Tochter zum Abendessen noch einmal zurückkehren wollte.

Die prächtige Kasaner Kathedrale von Irkutsk.

Weil Mama noch nicht viel von der Stadt gesehen hatte, ich noch zwei Kirchen im Norden besichtigen wollte und Solongo ohnehin noch schlief, unternahmen wir zu guter Letzt eine kleine Stadtrundfahrt im Mietauto durch Irkutsk. Die Kasaner Kirche ist sicherlich das beeindruckendste Gotteshaus der Stadt, doch insgesamt kommt es weniger auf die Bauten und mehr auf die Atmosphäre an. Meine Mama fand manche Ecken arg heruntergekommen, aber sie war bislang vornehmlich in europäischen Metropolen unterwegs gewesen. Auch ich hatte mir aufgrund vieler äußerst positiver Schilderungen etwas mehr erwartet, war mit der Grundstimmung aber sehr zufrieden. Und das besagte Kvartal 130 genügt höchsten Ansprüchen, ist der ideale Ort, um den Auftakt einer sibirischen Reise zu feiern.

Im Kvartal 130.

Noch ein paar Tipps zum Schluss

Die wichtigsten Flughäfen in Moskau sind Scheremetjewo, Domodedowo und Wnukowo. Alle drei sind durch Zubringerzüge mit dem Metronetz der russischen Hauptstadt verbunden. Von Scheremetjewo zum Belarussischen Bahnhof, von Domodedowo zum Pawelezker Bahnhof und von Wnukowo zum Kiewer Bahnhof. In den vergangenen Jahren wurden diese Strecken recht intensiv genutzt, doch aktuell greifen die meisten Fluggäste auf das Taxi zurück.

Der Flughafen in Irkutsk ist ziemlich veraltet, liegt dafür aber unmittelbar in der Stadt. Moskau wird mehrmals täglich angeflogen. Weitere Verbindungen bestehen nach Sankt Petersburg, in die mongolische Hauptstadt Ulaanbaatar  und in verschiedene regionale Zentren Sibiriens.

Der Mietwagenanbieter Good Auto Irkutsk hat sich als zuverlässig erwiesen und ist an mehreren Orten in der Stadt vertreten. Die Preise sind außerordentlich konkurrenzfähig. Eine gewachsene Altstadt gibt es nicht, doch für die Unterkunftssuche sollte man sich an der Kreuzung der beiden wichtigsten Magistralen orientieren – Lenin- und Karl-Marx-Straße. Je näher dran, desto praktischer.

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