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Ostwärts Reisen

Ukok-Hochebene (Republik Altai, Russland)

Der Altai ist das nördliche Ende des wahrhaft einzigartigen zentralasiatischen Gebirgsgürtels. Was im Himalaya am Übergang zu Südostasien beginnt, findet nach einer langen Reise durch Karakorum, Pamir, Tienschan und Alatau hier sein Ende. Während im Südosten die feuchtheißen Dschungel Indochinas anschließen, ist es im Norden die unendliche Taiga mit einer mindestens ebenso beeindruckenden Artenvielfalt.

Ausgangspunkt einer Reise in den russischen Altai wird vornehmlich der Flughafen in Nowosibirsk sein, wohin eng getaktete Verbindungen aus Deutschlands über Moskau führen. Seit einigen Jahren wird auch der Flughafen von Gorno-Altaisk regelmäßig aus Moskau angeflogen, was die knapp 450 Kilometer lange Autofahrt zwischen beiden Städten erspart.

Von Nowosibirsk kommend, wird man die Straße über Barnaul nach Gorno-Altaisk nehmen. Hinter der Hauptstadt der Republik Altai beginnt der Aufstieg ins Gebirge. Der Chuisky-Trakt entlang des gleichnamigen Nebenflusses des Katun – einem der beiden Quellflüsse des Ob – strebt der mongolischen Grenze bei Taschanta zu. Zunächst ist die Landschaft noch grün, was sich hinter der Siedlung Kuray jedoch schlagartig ändert. Hier wird die Passhöhe des Gebirges und damit der Übergang zu semi-aridem Klima erreicht. Während die in diesen (und auch unseren) Breiten kontinuierliche Westwinddrift für ergiebige Niederschläge im größten Teil des russischen und dem gesamten kasachischen Altai sorgt, befinden sich die Hochebene von Kosch-Agatsch und der mongolische Altai im Regenschatten des Gebirges.

Kosch-Agatsch ist mit seinen knapp 6.000 Einwohnern die mit Abstand wichtigste Siedlung weit und breit und auf einer Höhe von knapp 2.000 Metern die zweithöchstgelegene Russlands. Die hier lebenden Kasachen betreiben aufgrund der Trockenheit und der extremen Temperaturen zum Teil noch immer eine nomadische Viehwirtschaft, was sie mit ihren Landsleuten jenseits der Grenze zum westmongolischen Bayan-Ölgii-Aimak vereint.

Von Gorno-Altaisk nach Kosch-Agatsch sind es 450 Kilometer. Die mongolische Grenze erstreckt sich noch einmal knapp 70 Kilometer südlich davon. Die gesamte Strecke ist asphaltiert. Die Siedlung Kosch-Agatsch liegt noch außerhalb der Grenzzone, für den gesamten Bereich südlich davon muss eine behördliche Grenzzonen-Besuchserlaubnis beantragt werden.

Durch diese derzeit vollkommen unbewohnte Grenzregion könnte sich demnächst eine Erdgastrasse zwischen Sibirien und China ziehen. Foto: © Alexander Zabara

Zum Ukok-Plateau wird man die befestigte Straße in Richtung Mongolei verlassen müssen. Von Kosch-Agatsch aus führt zunächst eine notdürftig Instand gehaltene Trasse nach Westen an die Südflanke des Altai-Hauptkamms, der nach etwa 30 Kilometern erreicht ist. Von hier folgt die Strecke dem Flüsschen Tarkharma, um dann – nach 25 weiteren Kilometern – Richtung Westen ins Tal des Zhazator abzubiegen. Bis zur Siedlung Belyashi mit ihren 1.300 Einwohnern sind es von hier noch einmal 80 Kilometer. Zum Ukok-Plateau geht es aber am Zhazator flussaufwärts entlang in nunmehr vollständig unwegsames Gelände, wo nach 30 weiteren Kilometern die Passhöhe zum Ukok-Plateau erreicht wird. Nach einer Abfahrt von etwa 20 Kilometern gelangt man schließlich auf die Hochebene – und zwar unmittelbar nördlich des Tawan-Bogd-Ola-Massivs.

Ukok im Vierländereck zwischen Russland, China, der Mongolei und Kasachstan ist eines der entlegensten Gebiete überhaupt. Nicht nur im russischen, sondern auch im weltweiten Maßstab. Der Kanas- und der Betsu-Pass führen gen Süden ins festlandchinesische Xinjiang und der Ukok-Pass ins westlich gelegene Kasachstan. Die Mongolei lässt sich über den Malkhin-Pass im Südosten erreichen. All dies aber nur theoretisch, denn diese Wege sind gesperrt und dürfen nicht passiert werden. Reguläre Grenzübergangsstellen gibt es nicht. Das gesamte Plateau kann nur mit einer speziellen Genehmigung betreten werden und ist darüber hinaus äußerst schwer zugänglich.

Ukok – eine der entlegensten Regionen der Welt.

Das etwa 35 Kilometer lange und zehn bis 15 Kilometer breite Plateau ist geprägt von dutzenden Schmelzwasserseen, die in den Sommermonaten durch das oberflächliche Auftauen des Permafrostbodens entstehen. Daneben finden sich im Norden des Beckens einige Hochgebirgsseen, von denen der Kalzhin der größte ist. Im Süden wiederum liegen einige Gletscherseen.

Im Südosten des Plateaus erhebt sich an der Grenze zur Mongolei das Tawan-Bogd-Ola-Massiv, dessen höchster Gipfel, der Khuiten, mit 4.374 Metern den höchsten Punkt der Mongolei und den zweithöchsten Sibiriens markiert. Nur die etwa hundert Kilometer nordwestlich gelegene Belukha ist noch einige Meter höher. Das Plateau befindet sich zwischen diesen beiden höchsten Massiven des Altai. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führten die ersten Expeditionen hier hinauf. Zunächst dienten sie im Sinne der Grenzsicherung nach China vornehmlich militärischen Zwecken, bald darauf folgten jedoch etliche Forschungsreisen mit ethnologischer, anthropologischer, biologischer, geografischer, geologischer, paläontologischer und klimatologischer Ausrichtung. Die wichtigste Erkenntnis war, dass das aktuell nahezu menschenleere Plateau dereinst eine reiche Kultur beherbergte. Einige im Permafrost erhaltene Mumien ließen sich bis in die Steinzeit zurückdatieren. Die noch heute erkennbaren rituellen Grabhügel stammen aus der Bronzezeit. Vor 2.500 Jahren siedelte hier das Volk der Pazyryken, das als Vorfahren der legendären Skythen gelten kann.

Die Fauna des Plateaus weist einige der seltensten Säugetierarten weltweit auf – unter anderem den nahezu ausgestorbenen Schneeleoparden, das Argali-Bergschaf oder den Maral-Hirsch. Steppenadler und Schwarzstorch gehören zu den bemerkenswertesten Vögeln der Region.

Die Flora wird dominiert von den widerstandsfähigen Gräsern einer typischen Tundralandschaft.

Geografisch liegt das Plateau nahezu im Zentrum des eurasischen Kontinents. Neben der damit einhergehenden extremen Kontinentalität wird das Mikroklima von der Höhe auf mehr als 2.000 Metern und dem hügeligen Relief beeinflusst. Die Gegend zählt zwar zu den sonnenreichsten ganz Russlands, allerdings sind die Winter mit bis zu minus 50 Grad Celsius außerordentlich kalt und steigt das Thermometer auch im Sommer nur selten auf über 20 Grad. Der meiste Niederschlag fällt im Juni bis August. Die Winter sind zwar recht trocken, doch weil das Ukok-Plateau bereits von atlantischen Luftmassen geprägt ist, fällt hier sommers wie winters signifikant mehr Niederschlag als in der benachbarten Chuja-Senke.

Die Hochebene liegt in einer seismisch überaus aktiven Zone. Das letzte Beben ereignete sich im Jahre 2003 und erreichte eine Magnitude von 7,3 Punkten auf der nach oben offenen Richterskala.

Die Faszination des Ukok-Plateaus liegt auch in seiner schwierigen Erreichbarkeit. Feste Straßen gibt es nicht. Für die längste Zeit des Jahres sind die Pässe verschneit. In den kurzen Sommermonaten ist der oberflächlich aufgetaute Permafrostboden außerordentlich schlammig und wird vor allem nach langen Sonnentagen auch für geländgängige Fahrzeuge unpassierbar. Aktuell wird jedoch über den Bau einer Straße und eines Grenzüberganges nach China diskutiert. Parallel soll eine Gaspipeline westsibirisches Gas auf dem kürzesten Wege ins Reich der Mitte transportieren. Sollten diese Planspiele verwirklicht werden, wären damit erhebliche Beeinträchtigungen für die bislang ungezähmte Natur verbunden.

Ukok-Hochebene mit dem Tawan-Bogd-Ola-Massiv im Hintergrund. Foto: © Kobsev

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