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Ostwärts Reisen

Donaudelta (Ukraine, Rumänien)

Das umfassendste Delta des nicht-russischen Europas. Nur knapp übertroffen vom Wolga-Delta bei Astrachan vor der Nordküste des Kaspischen Meeres, allerdings kulturell und biologisch deutlich diverser als dieses und auch landschaftlich außerordentlich beeindruckend. Die Donau kommt auf ihrem langen Weg von der Quelle bei Donaueschingen durch neun Länder. Am Ende ihres Laufes hat neben Rumänien auch die Ukraine Anteil an ihrem Delta, sodass dies weltweit der einzige Fluss ist, der eine zweistellige Anzahl von Staaten berührt.

Das Delta wird gebildet von drei großen Mündungsarmen und all ihren Zuflüssen. Der nördliche Kilija-Arm markiert die Grenze zwischen der Ukraine und Rumänien, der Sulina-Arm und der Sfäntu-Georghe-Arm liegen südlich davon ausschließlich auf rumänischem Territorium. Somit gehören 17,5 Prozent des Gebietes zur Ukraine und der Rest zu Rumänien. Kurz vor Beginn des Deltas streift die Donau das moldauische Giurgulesti, wo in den vergangenen Jahren ein großer Binnenhafen errichtet wurde. Nächstgelegene Millionenstädte sind das ukrainische Odessa 180 Kilometer nordöstlich und die rumänische Hauptstadt Bukarest 250 Kilometer südwestlich des Deltas. 20 Kilometer vor der Küste liegt im Schwarzen Meer die kleine ukrainische Schlangeninsel, welche im Zuge des russischen Überfalls auf die Ukraine Berühmtheit erlangte. Mittlerweile weiß die ganze Welt, wie die kleine ukrainische Militärgarnison auf die Aufforderung der Russen zur Kapitulation reagierte: Русский военный корабль, иди на хуй (Russisches Kriegsschiff. Fahr zur Hölle.). Den Russen gelang zwar die Einnahme, wenige Wochen später mussten sie jedoch wieder abziehen.

Ein einsamer Kormoran im ukrainischen Teil des Deltas. Foto: Q-lieb-in

Allein in der engeren Definition umfasst das Delta 3.500 Quadratkilometer, in der weiteren sind es 5.800, was der doppelten Fläche des Saarlands entspricht. Die Landschaft ist im Hinterland überwiegend hügelig, liegt im eigentlichen Delta aber kaum über dem Meeresspiegel. Sie beherbergt mehr als fünftausend Tier- und Pflanzenarten, womit hinsichtlich der Biodiversität ein europaweiter Höchstwert erreicht wird. Grund ist, dass hier mit den zentraleuropäischen Wäldern und den mediterranen Landschaften die beiden prägenden Vegetationszonen unseres Kontinents zusammentreffen und dass die Feuchtgebiete des Deltas etlichen Zugvögeln als Zwischenstopp auf ihrem Weg nach Afrika und in den Nahen Osten dienen. 1990 hatte Rumänien seinen Teil des Deltas zum Biosphärenreservat erklärt, 1998 folgte die Ukraine diesem Beispiel. Im Jahr 2.000 verpflichteten sich Rumänien, Bulgarien, Moldau und die Ukraine zum Schutz und zur Renaturierung der Feuchtgebiete an der unteren Donau, womit das größte grenzüberschreitende Schutzgebiet Europas entstanden war. Die UNESCO hatte das Donaudelta schon im Jahre 1993 in ihr Weltnaturerbe aufgenommen.

Seit jeher war das Donaudelta Durchzugsgebiet und Zufluchtsort unterschiedlicher Kulturen. Im 19. Jahrhundert strebten auch einige tausend deutsche Siedler in die historische Region Dobrudscha, zu der das Donaudelta gehört. Heute ist der innere Teil fast ausschließlich ukrainisch besiedelt, wobei sich die Bevölkerung auf der rumänischen Seite fast vollständig mit der rumänischen Kultur und Sprache assimiliert hat und Ukrainisch nur noch von den Älteren verstanden wird. Auch der nördliche, ukrainische, Teil ist homogen ukrainisch besiedelt. Hier ist die kleine Stadt Wylkowe mit etwa zehntausend Einwohnern das größte regionale Zentrum. Hier wie dort ist die Bevölkerungsdichte mit knapp drei Einwohnern pro Quadratkilometer außerordentlich gering. Tendenz rückläufig, weil die soziostrukturelle Situation nach wie vor schwierig ist. Haupteinnahmequellen sind Agrarwirtschaft und Fischfang, die Arbeitslosenrate liegt bei 30 bis 40 Prozent. Bis vor Kurzem erhofften sich die Menschen in der Region viel von einem sanften Ökotourismus, der sich bis 2022 auch prächtig entwickelte, mit dem Krieg der Russen in der Ukraine jedoch einen heftigen Dämpfer hinnehmen musste. Immerhin konnte die Besatzung Odessas und der umliegenden Schwarzmeerküste verhindert werden, ist auch die Schlangeninsel wieder frei. Ebenso Kherson.

Die Infrastruktur im Delta ist Problem, Herausforderung und Abenteuer zugleich. Ausgangspunkt ist üblicherweise das rumänische Tulcea, welches über einen regionalen Flughafen und eine durchgehende Straßenanbindung verfügt. Nur fünf Kilometer nordwestlich der Stadt trennt sich der nördliche Kilija-Arm vom Rest des Flusses und fünf Kilometer östlich gliedern sich der mittlere Sulina- und der südliche Sfäntu-Georghe-Arm auf. Zudem ist Tulcea mit seinen 70.000 Einwohnern die mit Abstand größte Stadt der Region. Nur die 40 Kilometer südlich gelegene, ausgreifende Razim-Lagune lässt sich mit dem Auto erreichen, doch diese gehört nicht mehr zum Delta, sondern bildet nur dessen südlichen Abschluss. Schiffe und Boote sind das wichtigste Verkehrsmittel, denn der Boden ist sumpfig und Überlandstraßen mit großen Brückenbauwerken gibt es nicht. Von Tulcea aus befahren öffentliche Fähren die beiden südlichen Hauptarme bis zu deren Mündung. Alternativ kann man auch mit dem Ruderboot unterwegs sein, benötigt dazu aber die Erlaubnis der Nationalparkverwaltung.

Das Delta aus dem All. Die drei Mündungsarme sind deutlich zu erkennen. Der nördliche Kilija-Arm bildet die rumänisch-ukrainische Grenze bevor er kurz vor der Mündung gänzlich auf ukrainisches Territorium hinübertritt.

Besonders interessant erscheint mir der mittlere Sulina-Arm, weil er die Kernzone des Deltas erschließt. Hier bietet die Siedlung Maliuc eine gewisse touristische Infrastruktur. Noch abgelegener liegt Mila 23 an einem Seitenarm weiter flussabwärts. Kurz vor der Schwarzmeerküste folgt Sulina, welches dem Mündungsarm seinen Namen gab. Nördlich davon trennt die kleine Musura-Bucht die vom Sulina-Arm und dem nördlichen Kilija-Arm gebildeten Halbinseln. Das nördliche Ufer gehört zur Ukraine. Aufgrund des vielen Sediments, welches die Donau auf ihrem Weg vom Schwarzwald ans Schwarze Meer abträgt und mitführt, schieben sich die beiden Halbinseln jedes Jahr drei bis vier Meter weiter ins Meer, was sich östlich von Sulina eindrucksvoll beobachten lässt. Ein kleiner Leuchtturm soll den östlichsten Punkt Rumäniens markieren, doch tatsächlich hat sich dieser erkennbar schon mehr als drei Kilometer weiter in Richtung Meer verlagert.

Südlich von Sulina erstreckt sich ein ausgedehnter Sandstrand, der zu den schönsten an der rumänischen Schwarzmeerküste gezählt wird und deutlich weniger überlaufen ist als die Region rund um Constanta.

Wer nicht die Dienste lokaler Tourenanbieter in Anspruch nehmen will, kann die öffentliche Fähre nehmen, die für die knapp 60 Kilometer von Tulcea bis Sulina genau vier Stunden benötigt und unter anderem in Maliuc Halt macht. Auch auf dem südlichen Sfäntu-Gheorghe-Hauptarm verkehrt eine Fähre und auch hier sind es wieder genau vier Stunden vom gleichnamigen Küstenort an der Mündung bis Tulcea bzw. in umgekehrter Richtung. Meinem Anschein nach erscheint Sulina erstrebenswerter, wiewohl auch Sfäntu Gheorghe seine Reize haben wird. Die Siedlung liegt am Nordufer des gleichnamigen Mündungsarmes und unmittelbar bevor dieser das Schwarze Meer erreicht. Südlich von Sfäntu Gheorghe erstreckt sich eine langgezogene Nehrung ins Meer, nördlich finden sich weite Sandstrände.

Der Hafen von Tulcea. Foto: Trygve W Nodeland

Auf dem nördlichen Kilija-Mündungsarm verkehrt keine Fähre. Erstens weil dieser die Grenze zwischen der Ukraine und Rumänien markiert und zweitens, weil die Gegend auf ukrainischer Seite von einer Straße erschlossen wird. Das Städtchen Wylkowe mit seinen zehntausend Einwohnern liegt deutlich näher am Meer als das rumänische Tulcea. Nur zehn Kilometer sind es von hier zur Küste. Rund um Wylkowe erstreckt sich der ukrainische Teil des Biosphärenreservats, der zwar kleiner, aber nicht weniger eindrucksvoll ist. Vor dem Krieg boten verschiedene lokale Agenturen Touren durch das nördliche Donaudelta an, seit dem Februar 2022 wirkt der Ort jedoch verwaist, fehlt es an Kundschaft. Ziel der meisten Ausflüge war ein Punkt an einem Nebenarm, der in der Ukraine als Kilometer Null des Donaulaufes gilt, weil das Delta hier am weitesten ostwärts ins Meer hineinragt. Südlich davon lädt ein langer Sandstrand zum Verweilen ein. Nördlich von Wylkowe führt eine Schotterstraße zum Ort Prymorske mit seinen weiten Dünenlandschaften. Hier beginnt die ukrainische Ausgleichsküste, die sich mit ihren Lagunen und Nehrungen im stetigen Wechsel bis ins 150 Kilometer entfernte Odessa zieht.

Die Straße, die von Wylkowe in Richtung Westen entlang des Nordufers des Kilija-Armes entlangführt, ist nicht sehr gut und teilweise unbefestigt, sodass man auf die Wetterverhältnisse Acht geben sollte und – wenn möglich – ein Auto mit ausreichend Bodenfreiheit nutzt. Für die etwas mehr als hundert Kilometer zur Fähre bei Orlivka-Isaccea sollte mit drei bis vier Stunden kalkuliert werden. Dies ist der einzige Ort, an dem man von der Ukraine auf direktem Wege nach Rumänien gelangen kann, denn auf ihren letzten hundert Kilometern flussabwärts lässt sich die Donau nicht mehr queren. Täglich gibt es acht Verbindungen. Mit dem Auto sollte man etwa eine Stunde vor Abfahrt vor Ort sein, um genügend Zeit für die Zoll- und Grenzabfertigungen zu haben. Von Isaccea, dem Hafen auf der rumänischen Seite, nach Tulcea ist es nur eine knappe Dreiviertelstunde mit dem Auto.

Wie lassen sich die Highlights des Donaudeltas am besten kombinieren?

Hat man nur das Donaudelta im Sinn, erscheint es mir sinnvoll, sich auf die rumänische Seite zu beschränken. Von Berlin fliegt Ryanair direkt nach Bukarest. Von dort sind es mit dem Mietwagen etwa vier Stunden nach Tulcea. Schließlich mit der Fähre auf dem mittleren Mündungsarm nach Sulina. Vor dem Krieg gab es eine Passage von Sulina über das offene Meer nach Sfäntu Gheorghe, sodass man auf dem mittleren Arm hin- und auf dem südlichen zurückfahren konnte. Aktuell ist dies allerdings militärisches Sperrgebiet, muss sich die rumänische Marine und mit ihr die NATO gegen eine mögliche russische Aggression wappnen.

Für die knapp 2.000 Kilometer lange Anfahrt aus Deutschland nach Tulcea sollte mindestens mit drei Fahrtagen kalkuliert werden. Die schnellste Route führt über Prag, Brünn, Bratislava, Budapest, Szeged, Temesvar, Herrmannstadt und Bukarest – allesamt herausragend interessante und mitunter auch sehr schöne Städte, die den einen oder anderen Zwischenstopp lohnen.

Eine traumhafte Route. Machbar in zweieinhalb bis drei Wochen.

Will man auch die ukrainische Seite erkunden, empfiehlt sich ein Rundkurs, der wie folgt aussehen könnte: Hypothetischer Startpunkt ist Berlin.

  • Erste Etappe: Auf den hervorragenden polnischen Autobahnen gleich durch über die ukrainische Grenze bei Krakowiec nach Lemberg, wo mindestens ein voller Tag eingeplant sein sollte. Reine Fahrzeit – zehn bis elf Stunden.
  • Zweite Etappe: An einem zweiten sehr langen Fahrtag weiter nach Odessa, das nach etwa elf Stunden erreicht wird. Dort wiederum mindestens zwei Nächte, um sich eine der märchenhaftesten Städte Europas zu erschließen.
  • Dritte Etappe: Von Odessa nach Wylkowe sind es nur drei Stunden, sodass am Nachmittag Zeit bleibt für eine Bootstour durch das nördliche Delta zur Küste an den letzten Metern des Donaulaufes.
  • Vierte Etappe: Von Wylkowe über die Fähre bei Orlivka-Isaccea nach Tulcea. Reine Fahrzeit: Vier Stunden. Für die Grenzabfertigungen und die Fährpassage sollte mit etwa drei Stunden kalkuliert werden.
  • Fünfte Etappe: Das Auto wird in Tulcea abgestellt. Weiter geht es mit der Fähre auf dem Sulina-Arm mit einem möglichen Zwischenstopp in Maliuc nach Sulina. Am ersten Tag hin, am zweiten vor Ort, am dritten zurück.
  • Sechste Etappe: Von Tulcea nach Bukarest, wo wiederum mindestens ein voller Tag der rumänischen Hauptstadt gelten sollte.
  • Siebte Etappe: Bukarest, Herrmannstadt, Szeged, Budapest, Bratislava, Brünn, Prag, Dresden, Berlin. Wie oben beschrieben. Reine Fahrzeit circa 19 Stunden für knapp 1.700 Kilometer. Wie lange man wo stoppen will, möge jede/r selbst entscheiden. Mich würden Brünn, Szeged und Herrmannstadt besonders interessieren. Die anderen Städte habe ich schon mehrmals besucht.

Drei Wochen müssten ausreichen. Besonders Eilige schaffen es womöglich auch in zwei Wochen mit drei Wochenenden – also 16 Tagen.

Aktuell erscheint unsicher, ob die ukrainische Seite des Deltas besichtigt werden kann, sodass man auf ein möglichst baldiges siegreiches Ende für die Ukraine hoffen muss. In diesem Sinne – Слава Україні!

Barrikaden in der ukrainischen Hafenstadt Odessa. März 2022. Foto: Lidonchik

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