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Ostwärts Reisen

Und endlich der verheißene See.

Wir hatten die Nacht in Ulan-Ude genutzt, um uns vom anstrengenden Nachtflug aus Moskau zu erholen. Nun würden wir endlich das wahre Ziel unserer Reise ansteuern. Den Baikal, seines Zeichens der tiefste, wasserreichste und älteste See der Welt. Ein langes blaues Band, welches sich von Südwesten bis Nordosten über fast 700 Kilometer durch die sibirischen Weiten zieht und das an fast allen Seiten umgeben ist von steil aufragenden Bergen.

Wir verließen Ulan-Ude in Richtung Norden. Knapp 140 Kilometer trennten uns noch vom See. Natürlich wollten wir noch tanken, denn wer weiß, wie es um die Infrastruktur auf dem Weg bestellt sein würde. Ziemlich gut, wie wir bald herausfanden.

Der erste Schluck Baikal

Zum ersten Mal am Strand gleich ein erster tiefer Schluck aus diesem verheißenen See.

Die Straße war in perfektem Zustand und nur wenig befahren, sodass wir auf eine relativ ungestörte Durchschnittsgeschwindigkeit von 110 Stundenkilometern kamen. 20 mehr als die russische Polizei erlaubt, doch die haben wir hier nicht getroffen. Wir durchfuhren die sibirische Taiga. Die Straße schlängelte sich auf ziemlich direktem Wege durch eine wellige Landschaft. Nach nur etwa zwei Stunden erreichten wir bei der Siedlung Gremyachinsk das erste Mal den See. Sibirische Lärchen in weiten Sanddünen und dahinter das scheinbar endlose Wasser. Wir hielten sofort an.

Nachdem wir Soana ununterbrochen vom „großen, großen Baikal“ vorgeschwärmt hatten, bekam sie ihn nun zum ersten Mal zu Gesicht. Sie wusste vermutlich nicht allzu viel damit anzufangen, staunte aber brav mit. Ich füllte eine leere PET-Flasche und nahm einen tiefen Schluck. Hier war das Wasser glasklar und nicht so trüb wie ein Jahr zuvor an der Zellstofffabrik von Baikalsk.

Die letzten 35 Kilometer führten durchgehend am Seeufer entlang und nur knapp drei Stunden nach unserer Abfahrt aus Ulan-Ude erreichten wir das kleine Dorf Goryachinsk. Die Häuser machten nicht allzu viel her, doch es schien uns friedlich und freundlich. Wir hatten ein Häuschen im „Uyutnij Dvorik“ (dem gemütlichen Hof) gemietet. Hufeisenförmig standen acht kleine Bungalows, in der Mitte ein Areal zum Grillen und am offenen Ende das Wirtschaftshaus mit Küchenzeile und den Duschen. Ich hatte im Vorfeld mit einer Marina geschrieben. Vor Ort trafen wir auf ihre Mutter Tatjana, die uns sogleich durch das ganze Dorf führte. Es gab drei kleine Imbisslokale, einen Konsum und vor allem das kleine Kurhaus mit der heißen Quelle. Durch ein kleines Wäldchen hindurch würden wir einen wunderschönen weiten Strand am Baikal erreichen. Die Quelle war tatsächlich heiß, das Wasser und der mit Mineralstoffen getränkte Schlamm sollen gegen Hautkrankheiten, aber auch gegen Lungenbeschwerden helfen. Hier trafen wir auf eine Gruppe von sieben Mongolinnen, die auf Mädelsreise am Baikal waren und unsere kleine Soana umgarnten.

An der heißen Quelle von Goryachinsk.

Einer der drei Imbisse hatte wohl erst kürzlich eröffnet und würde gute burjat-mongolische Küche servieren, wussten wir von Tatjana. Tatsächlich waren unsere Teigtaschen recht schmackhaft. Am Nebentisch saß in Tarnzeug unser stets extrem grimmig dreinblickender Bungalownachbar. Wir hatten seine äußerst sparsame Mimik zunächst mit uns Ausländern assoziiert, hielten sie am Ende aber für einen allgemeinen Dauerzustand.

Das Wetter war durchwachsen. Erst am Abend kämpfte sich noch einmal die Sonne durch und ich sprang in die gar nicht so kalten Fluten meines verheißenen Sees.

Am kommenden Morgen hätten wir etwas früher aufbrechen sollen, denn zwei, drei Stunden mehr wären auf der Svyatoi Nos, der Heiligen Nase, durchaus von Nutzen gewesen. Zunächst fuhren wir etwa hundert Kilometer immer am Baikalufer entlang. Hinter der Ortschaft Ust-Barguzin dann die Brücke über den Barguzin-Fluss und gleich dahinter links rein in den Nationalpark. Am Eingang wird eine kleine Gebühr fällig.

Die Svyatoi Nos ist eine große Halbinsel, die wie ein Hammer in den Baikal hineinragt – von Nordost nach Südwest spitz zulaufend. Ursprünglich war der Hammer eine Insel, die jedoch im Lauf der Jahrhunderte einen Griff hinzugewonnen hatte, der sie nun mit dem Festland verbindet. Über etwa 25 Kilometer durchfuhren wir auf einer Schotterpiste eine plattebene und sumpfige Schwemmlandebene. Dann – unmittelbar unterhalb des mit 2.000 Metern höchsten Punktes der Halbinsel – macht die Trasse einen 90-Grad-Knick, um sich in Richtung Nordosten am Fußende der Berge entlang zu winden. Nach zehn Kilometern gelangt man an die Chivyrkuisky-Bucht und nach nochmals zehn in den größten Ort der Svyatoi Nos, die Siedlung Kurbulik. Von hier aus führen Wanderwege auf den Kamm des Bergmassivs, wo sich ein beeindruckender Blick auf den Baikal, auf die Ushkany-Inseln und in der anderen Richtung über die Chivyrkuisky-Bucht auf das Barguzin-Gebirge eröffnet.

Ausflug auf die „Heilige Nase“.

Hinsichtlich der landschaftlichen, vegetativen und zoologischen Vielfalt ist die Svyatoi Nos ein unbestrittenes Highlight der gesamten Baikal-Region – von Sümpfen, über die Taiga bis hin zur Bergtundra extrem abwechslungsreich. Das Bergmassiv ist vor allem auf der nordöstlichen Seite von tiefen Flusstälern durchzogen. Nicht zu vergessen sind die weiten Sandstrände entlang des „Hammergriffs“. Dank des Schwemmlandes im Mündungsbereich des Barguzin-Flusses sind die Ufer extrem flach und daher auch für Kinder bestens geeignet. Zudem heizt sich das flache Wasser in den Sommermonaten schnell auf und bietet erträgliche Badetemperaturen.

Unser Fazit war, dass wir definitiv zu wenig Zeit für die Schönheiten der „Nase“ hatten. Wir hätten entweder sehr früh aufbrechen oder aber übernachten sollen. Letzteres ist nur mit dem Zelt möglich und tatsächlich war die Halbinsel von etlichen Campinggästen bevölkert. Ein deutsch-mongolisches Pärchen mit einer kleinen Tochter fällt hier schnell auf und so kamen wir einige Male ins Gespräch. Die Russen, die wir trafen, wirkten am Anfang etwas schüchtern, öffneten sich nach dem ersten Kontakt jedoch recht schnell.

Der Kotokel ist der größte Strandsee des Baikal.

Am nächsten Tag wollten wir weniger fahren und uns dafür umso länger sonnen. Das Wetter war geradezu perfekt. Immerhin konnte ich bei Solongo einen kurzen Ausflug an den Kotokel, den größten Strandsee des Baikal, erstreiten. Hier gibt es etliche Ferienhäuser für Touristen, ohne Steg ist das Baden jedoch recht mühsam. Einige Einheimische zeigten uns eine weniger verschilfte Stelle, wo es ging und an der in regelmäßigen Abständen wilde Pferde vorübergaloppierten. Den überwiegenden Teil des Tages verbrachten wir aber am Strand von Goryachinsk. Was vor zwei Tagen noch einsam und verlassen aussah, hatte sich nun in eine Kulisse verwandelt, die ich von den Urlauben meiner Kindheit an der Ostsee kannte. Familien hinter Windschutzen. Volleyballspiele, Badegeschrei inmitten einer gemäßigten Küstenlandschaft. Viel Sand, viele Bäume.

Zusammen mit meiner Kleinen unternahm ich einen kleinen Strandspaziergang, der uns an einigen heiligen Orten des Schamanismus vorbeiführte und auf einer Sandbank endete, auf der tausende kleine Steinpyramiden aufgetürmt waren. Die heiligen Orte mit ihren blau-weißen Bändern, zwischendrin burjatische Viehhirten auf ihren Pferden. Das war dann doch eine deutlich andere Anmutung als die Sommerurlaube meiner Kindheit.

Goryachinsk gehört für mich zu den schönsten Stränden am ganzen See. Weite Dünenlandschaften mit vereinzeltem Bewuchs. Dahinter die Taiga. Und in ganz weiter Ferne lassen sich bei gutem Wetter die Klippen der heiligen Insel Olkhon auf der anderen Seite des Sees erkennen. Die Atmosphäre war fidel und es gab sogar einen kleinen Imbiss, wo man Pommes oder Eis erstehen konnte.

Am Strand von Goryachinsk.

Am letzten Abend wurden wir in unserer kleinen Bungalowsiedlung von Mikhail und seiner Familie eingeladen. Er war Berufsschullehrer in Irkutsk und hält die burjatische Seite des Baikal für deutlich urtümlicher als beispielsweise den Badeort Listwjanka unweit von Irkutsk. Er redete viel und ich musste mich zwischendurch anstrengen, den Sinn seiner Worte zu erfassen, doch ich konnte über den Baikal und den gesamten Süden Sibiriens viel Interessantes erfahren. Und ich lernte, wie man Shashki (Kiefernzapfen) grillt und isst. Soana hatte sich schon seit Tagen mit dem Haushund „Sack“ angefreundet, ein unwahrscheinlich schöner und entspannter Labrador mit glänzend braunem Fell. Keine Ahnung, warum er diesen unmöglichen Namen tragen musste.

Sack.

Noch ein paar Tipps zum Schluss

Es mag zunächst verwundern, dass man auf der burjatischen Ostseite des Baikal so vielen Urlaubern aus der Irkutsker Oblast an dessen Westufer begegnet. Liegen doch die bekanntesten Sehenswürdigkeiten im Westen. Beginnend mit der Baikalrundbahn (Krugobaikalykaya) weiter nach Port Baikal und Listwjanka bis hin zur vielbesungenen Insel Olkhon.

Das hat aber nachvollziehbare Gründe. Erstens ist die Anfahrt auf durchgehend asphaltierter Strecke mit acht Stunden auch aus Irkutsk durchaus machbar. Zweitens findet sich hier neben der doch sehr stark frequentierten Interkontinentalen im Süden des Sees der einzige längere Uferabschnitt, der sich mit dem Auto befahren lässt – immerhin knapp 120 Kilometer zwischen Gremyachinsk und Ust-Barguzin. Drittens ist der See hier noch sehr sauber, hat Trinkwasserqualität. Viertens liegen hier die schönsten Strände des Baikal und fünftens ist die Gegend touristisch noch nicht allzu überlaufen. Wer also mit wenig Aufwand die typisch wildromantische Baikal-Atmosphäre erleben will, ist auf der burjatischen Seite ganz gut aufgehoben. Das schont auch den Geldbeutel, denn sechstens sind die Preise etwas günstiger, als etwa in Listwjanka oder auf der Insel Olkhon. Als Pendant zu Olkhon wird zunehmend die Halbinsel Svyatoi Nos (Heilige Nase) entwickelt. In diesem streng geschützten Areal sind feste Bauten zwar absolute Mangelware, dafür jedoch hat sich eine ganz gute Camping-Infrastruktur entwickelt.

Auf der Höhe der Svyatoi Nos verlässt die asphaltierte Straße zwar den Baikal, dennoch lohnt es sich, ihr weiter zu folgen. Bis nach Alla sind es noch einmal 200 Kilometer, die stetig dem Tal des Barguzin folgen, allerdings zwischendrin einige Schotterabschnitte aufweisen. Heiße Quellen, das fast 3.000 Meter hohe Barguzin-Gebirge, der wilde Fluss und die entlegenen Weiten der sibirischen Taiga… Kurumkan mit seinen etwas mehr als 5.000 Einwohnern ist die letzte größere Ortschaft.

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