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Ostwärts Reisen

Buir-See, Nömrög-Nationalpark und Daurische Landschaften (Mongolei/Russland)

Die Dörnod-Provinz im äußersten Osten der Mongolei unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht vom Rest des Landes. Das Gelände liegt vergleichsweise niedrig auf etwas mehr als 500 Metern über Normalnull, die Landschaft ist platteben und wird bedeckt von scheinbar unendlichem Steppengras. Die Siedlungsdichte ist hier so gering wie in den Weiten der Gobi. Das Klima ähnelt zwar dem Rest des Landes, doch können die kalten Winde in der Ebene viel unangenehmer sein, als an geschützten Berghängen. Die Regionalhauptstadt Tschoibalsan trägt noch immer den Namen des mongolischen Statthalters von Stalins Gnaden, des Blutsäufers Khorlogiin Tschoibalsan. Hier leben etwa 40.000 Menschen, was einem Anteil von 52 Prozent der Gesamtbevölkerung des Aimaks entspricht. Früher gab es im Norden an der russischen Grenze noch einige burjatische Siedlungen sowie etwas Bergbau, doch mittlerweile ist diese Region weitgehend verlassen. Hinter diesen recht trostlosen Weiten findet sich ein ganz besonderer Ort. Der östlichste Zipfel des Landes setzt sich schon beim Blick auf das Satellitenbild deutlich von der umgebenden Steppe ab, ist viel grüner und vergleichsweise üppig bewachsen.

Die Daurischen Landschaften. Foto: © Anton Petrov

Es beginnt am flachen Steppensee Buir, dessen nördliches Ufer schon zu Festlandchina gehört und der etwas größer ist, als der Bodensee. Das im Nordosten des Sees liegende Delta des Khalkhyn-Flusses bietet Lebensraum für tausende Vogelarten. 30 Kilometer östlich lohnt mit dem Ikh Burkhant ein kleiner buddhistischer Tempel einen Besuch.

Khalkhgol ist die einzige Siedlung in der Region. Hier sollten unbedingt die Vorräte aufgestockt werden. Etwas außerhalb des Dorfes erinnert ein Mahnmal an die Schlacht, die nicht weit entfernt im Jahr 1939 zwischen japanischen Truppen und mongolisch-sowjetischen Verbänden getobt hatte. Und auch im örtlichen Siegesmuseum kann man sich darüber informieren, warum in dieser entlegenen Gegend die ersten Scharmützel des Zweiten Weltkrieges stattfanden und wie sie dessen Fortgang in Ostasien beeinflussten.

Seinerzeit grenzte hier der japanische Marionettenstaat Mandschukuo an die ebenfalls nicht ganz unabhängige, sondern unter massiver sowjetischer Kontrolle stehende Mongolische Volkrepublik. Nach einigen kleineren Gefechten kam es im Sommer 1939 zur offenen Schlacht. Zunächst setzten die japanischen Truppen über den Fluss in die Mongolei über. Die Rotarmisten führten aus dem Hintergrund einzelne Gegenattacken aus, mieden aber die offene Konfrontation. Schließlich würden sich die Japaner in der leeren, kargen Weite deutlich schlechter zurechtfinden, als die mongolisch-sowjetische Streitmacht. Dem war auch so, weshalb die Invasion bald abgebrochen und die Stellung gesichert wurde.

Im August dann der Gegenschlag der Roten Armee. Die Truppen wurden befehligt von General Shukov, der sechs Jahre später die Eroberung Berlins kommandieren würde. Die Sowjets und Mongolen kesselten erfolgreich große Teile der japanischen Sechsten Armee ein, der zunehmend Vorräte und Munition ausgingen. Dass sie doch nicht aufgerieben wurde, hat damit zu tun, dass zeitgleich in Moskau der Hitler-Stalin-Pakt unterzeichnet wurde und Stalin Hitler durch die Schwächung seines fernöstlichen Alliierten nicht brüskieren wollte. Immerhin sparten sich die Japaner im Laufe des Krieges jegliche Attacken auf sowjetisches Einflussgebiet.

Doch zurück zur Natur. Weitere 70 Kilometer südöstlich von Khalkhgol liegt im äußersten Zipfel der Mongolei das strenge Schutzgebiet Numrug, dessen Flusstäler, Berge und Wälder die Heimat zahlreicher Tierarten sind. Das muss äußerst sehenswert sein, doch leider lässt sich das Gebiet nur mit Grenzbescheinigungen aus Ulaanbaatar und aus Khalkhgol sowie mit einer Zustimmung der Nationalen Umweltbehörde bereisen. Und selbst wenn dies alles vorliegen sollte, muss noch immer der Transport geklärt werden. Eine Piste führt an den Grenzübergang Sümber/Rashant am äußersten Nordrand des Areals, wo neuerdings auch Drittstaatler die Grenze nach China überqueren können. In das Schutzgebiet selbst kann man nur zu Fuß oder mit Pferden vordringen und jeder Schritt wird von Grenzpolizisten begleitet werden.

Der „Ferne Osten“ der Mongolei.

Die Formalitäten sind kompliziert und die Wege beschwerlich. Es ist also nicht wirklich wahrscheinlich, dass ich diesen weißen Fleck auf meiner persönlichen Mongolei-Karte in Bälde tilgen werde. Etwas Zuversicht vermittelt der Umstand, dass immerhin der nahegelegene Grenzübergang nach China für Ausländer passierbar ist. In jedem Fall wird man die weite Anreise aus Ulaanbaatar in Kauf nehmen müssen. Die knapp 700 Kilometer bis nach Tschoibalsan sind noch asphaltiert, die restlichen 400 Kilometer nach Khalkhgol müssen offroad bewältigt werden. Alternativ kann man einen Inlandsflug nach Tschoibalsan buchen und sich vor Ort einen lokalen Führer buchen.

Theoretisch ist auch die Anreise über den ganz im Nordosten der Mongolei gelegenen multilateralen Grenzübergang Solowjowsk/Ereentsav möglich. In einer Lokalzeitung der russischen Region Transbaikalien, die in deren Hauptstadt Chita erscheint, war vor einigen Jahren berichtet worden, dass ein tschechisches Pärchen just an diesem Ort erfolgreich die Grenze überquert hatte. Offensichtlich eine Meldung wert und weit jenseits der Norm. Was mich allerdings verwundert, weil sich hier in den Daurischen Landschaften die artenreichsten Steppen der Welt finden. Mit mehr Pflanzenarten auf einem Quadratmeter als irgendwo sonst. Seit dem Jahr 2017 sind sie Teil des UNESCO-Welterbes – grenzübergreifend zwischen der Mongolei und Russland. In der Begründung heißt es, dass dies die einzige Region sei, in der der Übergang vom zirkumborealen Taigawald zur kontinentalen Steppe vollkommen ungestört stattfindet. Der Khukh-Salzsee bildet die südliche Grenze dieses Areals. Hier liegt mit 587 Metern der tiefste Punkt der Mongolei. Weiter nördlich schließt ein System von Süßwasserseen und Feuchtgebieten an. Der Grenzort Ereentsav ist die einzige Siedlung in diesem Gebiet, mittleerweile jedoch weitgehend verlassen. Von Chita führt sogar eine Bahntrasse nach Tschoibalsan, die allerdings nur noch für den Güterverkehr genutzt wird. Parallel zieht sich eine durch Schotter verstärkte Piste von der Grenze in die Regionalhauptstadt. Diese ist zwar nicht asphaltiert, kann aber aufgrund der ebenen Topografie mit recht hoher Geschwindigkeit befahren werden.

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