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Ostwärts Reisen

Lemberg, Kyjiv und das Dröhnen der Generatoren

Meine sommerlichen Ausflüge in die Ukraine sind mittlerweile traurige Routine. 2024 wie 2023 und 2022 im ersten Jahr des Krieges. Tochter und Frau verbringen die ersten Sommerferienwochen in der Mongolei und ich nutze mein Strohwitwerdasein, um Sachen und/oder Personen von Berlin in die Ukraine bzw. zurückzufahren. Die erste Tour war geschafft. In Berlin hatte mich Mike von „Berlin2Borders“ bis unters Dach beladen und in Lemberg konnte ich die Sachen erfolgreich abgeben. Vor mir standen ein Abend in der Metropole Galiziens und die Weiterfahrt ins goldene Kyjiv, wo ich einen guten Freund wiedertreffen wollte.

Lemberg – die Perle Galiziens.

Borschtsch, Briten und eine Partisanenhöhle

In der Nova Poshta #1 sollte ich meinen Skoda entladen – an einem großen Logistik-Hub im Westen der Stadt. Anschließend ging es zurück ins Zentrum, wo ich ein Apartment bezog und das Auto endlich abstellen konnte. Nach einem Schawarma und einem Topf Borschtsch war erst einmal der Hunger gestillt. Mal gucken, was Lemberg für mich bereithalten würde…

Ich kannte Lemberg schon vom letzten Jahr, war aber erneut fasziniert von dieser herrlichen Mischung aus habsburgischem Glanz und der ethnischen Vielfalt der vergangenen Jahrhunderte. Bis zum Ersten Weltkrieg hatte sich die Bevölkerung noch zu einem Viertel aus Juden und zur Hälfte aus Polen zusammengesetzt. Erstere wurden im Rahmen der deutschen Besatzung nahezu vollständig ausgelöscht und Letztere sind in den Jahren des Stalinismus sukzessive vertrieben worden.

In den unterirdischen Gängen des Kryivka-Restaurants.

In der Ukraine ist Lemberg vor allem bekannt als Hort der Unabhängigkeitsbewegung. Hier im Westen des Landes hatten zwischen der Russischen Revolution 1917 und dem Ende des Ersten Weltkrieges ukrainische Freischärler gekämpft. Zuerst gegen die Polen, dann gegen die Deutschen und schließlich gegen die Sowjets. Unter anderem operierte in den Wäldern Galiziens der berüchtigte Stepan Bandera, den die Sowjet-Propaganda erfolgreich zum Unhold ersten Ranges stilisierte, der in der Ukraine aber vermutlich gerade deshalb noch immer verehrt wird. So auch in der „geheimen“ Bar im Zentrum Lembergs, von der mir Freunde erzählt hatten und die – wie ich später herausfand – im ganzen Land bekannt ist. Der Name Kryivka (Versteck) rekurriert auf die Lage in einem verzweigten Bunkersystem unterhalb des Marktplatzes. Vor dem Eintreten muss eine Parole genannt werden, doch man muss sich nicht sorgen, denn die lässt sich im Netz denkbar einfach herausfinden und lautet – wenig überraschend – Slava Ukraini (Ruhm der Ukraine). Danach wird ein Wodka gereicht und man darf weiter ins Innere. Ein Labyrinth an Räumen, die allesamt dem Partisanenkampf gewidmet sind und in denen man sich an rustikalen Tischen und Bänken niederlassen kann. Gegen ein kleines Entgelt darf mit einem Luftdruckgewehr auf Putin-Porträts geschossen werden oder man lässt sich für einige Minuten im Karzer einschließen. Ich beließ es bei einem Bier und ging dann weiter. Liebevoll hergerichtete Erlebnisgastronomie, doch recht touristisch und lange kein Geheimtipp mehr. Zudem war ich allein und die eher unpersönliche Atmosphäre versprach wenig Anschluss. Beim Rausgehen merkte ich erst, wie groß das hier mittlerweile geworden ist, denn die verschlungenen Gänge enden in einem großen Merchandising-Laden. Ich fühlte mich wie an einem japanischen Touri-Hotspot und so gar nicht wie im Partisanen-Versteck.

Am Markt von Lemberg dröhnten die Generatoren.

Draußen auf dem Marktplatz wurde ich erstmals des Soundtracks gewahr, der mich die kommenden Tage in der Ukraine begleiten würde: Das Dröhnen der Generatoren. Um Terror zu verbreiten und das Land unbewohnbar zu machen, bombardieren die Russen seit Monaten die energetische Infrastruktur im Land. Lange hatte es so ausgesehen, dass das Netz stets aufs Neue ausgebessert und repariert werden könne, doch seit knapp zwei Monaten kommt es immer wieder zu Stromausfällen bzw. gezielten Abschaltungen. Letzteres, um die geringen Reserven für den kommenden Winter zu schonen. Das Gegenmittel sind die Generatoren, die mit Diesel und dezentral funktionieren und immer dann angeworfen werden, wenn wieder das Licht ausgeht. Leider verbunden mit einer enervierenden Geräuschkulisse, sodass das Bier nicht mehr so richtig schmecken will und die Leute sich gegenseitig anschreien müssen.

Für mich der willkommene Anlass, durch ein paar Ecken zu spazieren, die ich noch nicht kannte, was angesichts der Hitze zu einer schweißtreibenden Angelegenheit wurde. Anschließend wollte ich mir irgendwo in der Nähe meines Apartments eine kleine Bar suchen. Ich landete in einem von jungen Leuten betriebenen Eckladen, in dem sogar Live-Musik geboten war. Ich kam bald mit zwei Engländern ins Gespräch, die große Teile des Jahres hier in Lemberg verbringen. Der eine offenkundig der Frauen wegen und der andere wegen der günstigen Preise. Letzterer war in Ordnung, zumal mir imponierte, wie er sein FC Burnley-Trikot fein säuberlich in die eng geschnittenen Jeans gesteckt hatte. Erstklassiger British-Working-Class-Chic aus den 1970er Jahren… Die Runde öffnete sich später noch ein wenig und ein junger Kerl erklärte mir mit ausladender Gestik, warum er nicht an die Front wolle. Natürlich sei er bereit für seine Heimat zu kämpfen, doch die aktuelle Regierung sei ihm zu korrupt. Auf meine Frage nach der Quelle seiner Informationen wusste er nichts zu entgegnen, sodass ich seine Einlassungen als plumpe Ausflüchte abheftete. Verständlich vielleicht, doch wenn alle so denken, ist das Schicksal der freien Ukraine besiegelt

Die Lemberger Oper.

Das Licht in meinem Apartment musste ich gar nicht erst löschen, denn es wurde just in der Minute abgeschaltet, als ich endgültig reif fürs Bett war. Am morgigen Tag wartete die Hauptstadt auf mich.

Mit 160 Sachen über die holprigen Straßen Wolhyniens

Das nächtliche Parken in der Innenstadt hatte umgerechnet zehn Euro gekostet, was zu verschmerzen war. Hinter dem Parkwärterhäuschen musste ich mich erst einmal orientieren. Üblicherweise führt der Weg von Lemberg nach Kyjiv über die Schnellstraße in Richtung Osten. Ich wollte aber zunächst entlang der polnischen Grenze nach Norden bis Kowel und anschließend entlang der belarussischen Grenze nach Kyjiv, um von Norden in die Hauptstadt zu kommen. Weil ich gerne Kreise befahre und weil ich aus dem vorletzten Jahr wusste, dass der Verkehr auf dieser Relation deutlich weniger dicht und auch die Polizei kaum präsent ist.

Ich fuhr zunächst durch die historische Landschaft Wolhynien, die über Jahrhunderte von deutschen Siedlern geprägt war, bevor sie unter Stalin entweder umgebracht oder in den Osten des Riesenreiches deportiert wurden. Viel Fläche, die nur selten von alten sowjetischen Industriesiedlungen unterbrochen wurde und die stark landschaftlich genutzt wird.

Typische Landschaft in Wolhynien. Bisschen wie Meck-Pom.

Der Grenzübergang Dorohusk/Yagodin ist der nördlichste zwischen Polen und der Ukraine. Er liegt auf der direkten Linie zwischen Warschau, Lublin und Kyjiv, bietet sich für Transitfahrten daher regelrecht an. Leider aber darf er nur von Lkws genutzt werden. In den vergangenen Monaten sorgten hier immer wieder polnische Speditionen für Ärger, weil sie den Verkehr blockierten, um gegen die ihrer Meinung nach unfaire Konkurrenz der ukrainischen Kollegen zu protestieren, Ein Treiben, das dem Kreml natürlich gefiel und von dieser Seite maßgeblich gesponsort wurde.

Für mich ging es etwa auf dieser Höhe nicht mehr nach Nordnordost, sondern stringent gen Osten. Eine zwei- manchmal auch dreispurige Landstraße, auf der ich mit 160 Sachen dahinfegte, die für dieses Tempo allerdings nicht gemacht war. Gelegentlich übersah ich einen Huckel, setzte auf, wurde ordentlich durchgeschüttelt und kann vermutlich froh sein, dass der Skoda heile blieb. Ich hatte mir ein derart ambitioniertes Programm zurechtgelegt, dass es diese Geschwindigkeit brauchte, denn nach Kyjiv waren es noch knapp 500 km. Immerhin war das Tanken kein Problem, hatte sich die Infrastruktur diesbezüglich deutlich gebessert. Selbst in dieser menschenleeren Gegend.

2022 sah es in Butscha noch so aus. Mittlerweile ist fast alles wieder aufgebaut.

Ich kam über Butscha nach Kyjiv. Der Vorort, in dem die Russen kurz nach Kriegsbeginn 2022 eines ihrer bekanntesten Massaker angerichtet hatten. Die äußerlichen Spuren waren weitgehend getilgt. Ich war 2022 und auch 2023 schon einmal hier gewesen und der Fortschritt ist bemerkenswert. Insbesondere US-amerikanische Stiftungen investieren massiv in den Wiederaufbau. Vermutlich das einzig Gute am großen Namen dieser kleinen Vorstadt nordöstlich von Kyjiv. Die Toten bleiben aber leider tot.

Endlich die große Stadt

Google.maps lotste mich von Norden hinein. Auf der sechsspurigen Schnellstraße entlang des westlichen Dnipro-Ufers. Eine herrliche Anfahrt, auf der nach und nach die bekannten Landmarken in Sicht kamen. Rechts das Mikhailov-Kloster, links die Trukhanov-Insel mit der neu errichteten Fußgängerbrücke, darüber die gläserne Brücke zum Bogen der Völkerfreundschaft und weit hinten sah man, wie Mutter-Heimat im Süden der Stadt den ukrainischen Dreizack in die Höhe stemmte. Erst kürzlich war das Wappen der Ukrainischen Sowjetrepublik gegen das Symbol der Unabhängigkeit ausgetauscht worden. Nun bog der Weg rechts von der Schnellstraße ab, führte auf Kopfsteinpflaster über einen kleinen Hügel zum Europaplatz, wo der Prachtboulevard Kreshtshatyk begann, über den ich am Maidan, am Rathaus und am Bessarabischen Markt vorbei zu meinem Apartment fuhr.

Mikhailov-Kloster in Kyjiv.

Ich hatte dieses Mal im Süden der Stadt gebucht, wo sich am Palast des Sports die grüne und die blaue Metro-Linie kreuzen. Ganz oben im fünften Stock eines klassizistischen Baus mit herrlichen Stuckfassaden. Unter mir der breite und auch sehr laute Boulevard. So prächtig wie es nach außen strahlte, so verfallen war es im Treppenhaus, wo der Putz von den Wänden rieselte und überall Kabel von der Decke hingen. Das Apartment selbst war aber wieder äußerst annehmbar. Den Schlüssel bekam ich von einer Valentina, die eine Etage weiter unten wohnte. Auf dem Balkon dröhnte der Verkehr, doch immerhin würde ich hier ungestört rauchen können.

Nun musste nur noch das Parkproblem gelöst werden. Ziemlich dringend sogar, denn ich hatte mich zunächst an die Seite der Schnellstraße gestellt und befürchtete die Ankunft eines Abschleppwagens. Zurecht, wie mir Valentina versicherte. Nach einigem Hin und Her landete ich am Kyjiver Olympiastadion, weil ich wusste, dass es hier zumindest Flächen gibt. Und wenn kriegsbedingt eh keine Großveranstaltungen stattfinden, warum soll man hier nicht sein Auto abstellen dürfen… Genauso war es auch. Sogar kostenfrei, wie mir ein Passant auf mehrmaliges Nachfragen bestätigte.

Hier am Olympiastadion durfte ich parken.

Klopapier und Polohemden

Ich war nun angekommen, hatte dank der Raserei etwas Zeit und gönnte mir einen Spaziergang durch die Innenstadt. Am Abend war ich mit Jevgeni verabredet, den ich bei meiner ersten Fahrt im Jahr 2022 kennengelernt hatte und der mittlerweile zu einem guten Freund geworden ist. Nach einem kurzen Abstecher zu McDonalds schlenderte ich durch den Schewtschenko-Park mit dem markant purpurroten Hauptgebäude der Universität und weiter an der Oper vorbei zum Goldenen Tor, einem der wenigen Überbleibsel des Festungsrings aus polnisch-litauischer Zeit.

Von hinten ging es hinein auf den Unabhängigkeitsplatz Maidan, der mich immer wieder aufs Neue beeindruckt, weil er die Geschichte so sehr atmet, wie kaum ein anderer Ort auf dem europäischen Kontinent. Dort, wo der Kreshtshatyk kreuzt, wehen auf einer kleinen Grünfläche tausende ukrainische Fähnchen im Wind. Eines für jeden gefallenen Helden. Ein Ort zum Niederknien und Heulen. Nebenan widmete sich eine kleine Freiluftausstellung der Maidan-Revolution von 2014, mit der sich die Ukraine erfolgreich von der Dominanz alles Russischen lösen konnte. Das große Hotel an der Stirnseite des Platzes hieß mal Moskwa, wurde aber alsbald in Ukraina umgetauft und ist noch immer das erste Haus am Platz. Der Bereich dahinter östlich des Maidan ist noch immer weiträumig gesperrt, weil sich hier das Regierungsviertel erstreckt und die russische Junta nie einen Zweifel daran gelassen hatte, jedem einzelnen Mitglied der frei gewählten ukrainischen Regierung nach dem Lebten zu trachten.

Von hinten ging es auf den Maidan.

Fliegende Händler bieten rund um den Platz allerlei patriotische Devotionalien an. Ich musste Klopapier mit dem Konterfei V. V. Putins erstehen, weil das von Familie und Freunden aus Berlin so bestellt worden war. Knapp ein Euro die Rolle, also durchaus verkraftbar.

Anschließend kletterte ich vom Europaplatz auf den kleinen Hügel mit dem Bogen der Völkerfreundschaft. Das Monument war dereinst geschaffen worden, um die brüderlichen Bande zwischen Ukrainern und Russen zu feiern. Nach dem Beginn der russischen Vollinvasion wurde die Skulptur selbst abgetragen. Am Biogen darüber markiert seitdem ein Riss das Ende der Gemeinschaft, so sie denn jemals außerhalb der Sowjet-Propaganda überhaupt bestanden hatte.

Der Bogen der Völkerfreundschaft.

Eine spektakuläre Glasbrücke führte auf den Nachbarhügel mit dem Park rund um das Mikhailov-Kloster. Sie war vor anderthalb Jahren von den Russen bombardiert worden, ließ sich aber in Windeseile reparieren. Von hier ging es hinunter zur Andreas-Kirche und zum gleichnamigen Steig, wo sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts die großen Literaten trafen. Weil ich noch etwas Zeit hatte, ging ich nicht hier schon ab, sondern weiter durch den Park, an dessen Ende ich zwischen zwei Hügelketten ein wahrlich mondänes Viertel entdeckte. Mit bunten Jugendstil-Fassaden, den Lädchen der bekannten Luxus-Marken, aufgespritzten Frauenlippen, Polohemden und geschulterten Pullovern. Einigen schien es selbst im Krieg noch ausgesprochen gut zu gehen. Auffällig auch, dass hier keine Generatoren wummerten und die Stromversorgung offensichtlich dauerhaft gesichert war.

Ein guter, alter Freund

Nur wenige hundert Meter weiter wurde es wieder ausgesprochen normal. Ich war im Ausgehviertel Podil, wo ich mich in einem Barbecue-Restaurant mit Jevgeni verabredet hatte. Ingenieur von Hause aus, macht er mit seinem Unternehmen nun Vieles, was im Krieg benötigt wird. Logistik, aber auch die Produktion von Drohnen. Die ältere Tochter hatte gerade ihr Abi gemacht und wohnt mit ihm in einem Plattenbauviertel im Kyjiver Nordern. Sie weiß noch nicht genau, was sie später machen will, und ich vermute, dass solche Lebensentscheidungen in Kriegszeiten noch schwieriger sind als ohnehin. Die kleine Tochter hingegen wird in einigen Wochen eingeschult. Allerdings nicht in Kyjiv, sondern in Schwerin, wohin sie mit Mutter und Großmutter geflüchtet war. Jevgeni hatte sie in den vergangenen zweieinhalb Jahren nur einmal gesehen.

Blick auf den Andreassteig und weiter nach Podil.

Kurz vor dem Krieg hatten sie sich im Nordosten von Kyjiv ein Grundstück gekauft. Weg aus der tristen Platte und hinein ins Grüne. Jevgeni hatte mir erzählt, dass bei der Belagerung von Kyjiv genau dort die Front verlaufen sei, die Russen in nur 100 Metern Entfernung gelauert hätten. Das Haus war zwar unbeschädigt geblieben, aber auch erst halbfertig. Warum soll er sich auch engagieren, wenn drei von vier Leuten, die hier wohnen wollten, nun dauerhaft im Ausland sind? Immerhin könne er die Kredite bedienen und nach dem Sieg noch immer hier wohnen. Zehntausende Familien habe es deutlich härter getroffen, während seine Lieben alle noch am Leben sind.

Es wurde ein langer Abend, der sich vom Barbecue-Restaurant in eine nahegelegene Bar vertagte. Auf einer Leinwand wurde die Champions-League-Qualifikation zwischen Dinamo Kyjiv und den pro-russischen Erzfeinden von Partizan Belgrad gezeigt. Intuitiv hatte ich mit meinem Dinamo-Trikot die richtige Abendgarderobe gewählt. Bald fiel der Strom wieder aus und es begann das Dröhnen der Generatoren. Wir mussten uns nun gegenseitig anschreien, konnten aber zumindest einen glorreichen 6 zu 2-Sieg feiern.

Das Haus der Familie nordöstlich von Kyjiv.

Die Metro zurück hatte den Betrieb schon eingestellt, sodass ich mir ein überteuertes Taxi leisten musste. Für Uber oder Bolt war keine Zeit mehr, denn die Sperrstunde nahte bedrohlich. Nachdem ich es rechtzeitig in mein Apartment geschafft hatte, saß ich noch hoch oben auf dem Balkon. Eine gespenstische Atmosphäre. Das Leben war vollkommen erstorben, die dröhnende Hauptstraße mucksmäuschenstill und kein Mensch weit und breit zu sehen. Nur die Werbetafeln und Straßenlaternen leuchteten. Alle Fenster waren dunkel. Zeit auch für mich, schlafen zu gehen, denn in nur sechs Stunden begann die nächste lange Fahrt.

Noch ein paar Tipps zum Schluss

Kulturhistorisch lohnt sich zwischen Lemberg, Kowel und Kyjiv nicht allzu viel, doch auf einen Tipp bin ich gestoßen. Und zwar die Schazker Seenlandschaft direkt im Dreiländereck zwischen Polen, Belarus und der Ukraine, eines der saubersten und biologisch vielfältigsten Schutzgebiete der Ukraine. Ich war zwar noch nicht da, muss aber unbedingt mal hin.

Der Switiaz gilt als der bekannteste der Schazker Seen. Foto: © Profiguitar49

Auch mitten im Krieg lassen sich auf Booking und anderen Portalen etliche gute Angebote für Apartments und Hotels finden. Aufgrund der aktuell geringen Nachfrage und des allgemein niedrigen Preisniveaus auch sehr günstig. Die Straßeninfrastruktur in und um die Hauptstadt ist gut ausgebaut. Die U-Bahnen verkehren wieder zuverlässig. Eine Bezahlung in bar ist nicht möglich, weshalb man an einem der vielen Ticketautomaten an den Eingängen der Metrostationen die Kyjiv-Guthabenkarte erwerben muss.

Parken im Zentrum ist verhältnismäßig teuer und nur in den blau markierten Flächen erlaubt. Bezahlt werden kann nur online. Eine Alternative ist das Areal rund um das Olympiastadion, wo kostenfreie Flächen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus werden in der Innenstadt einige bewachte Parkhäuser betrieben.

Der Abschnitt östlich des Kreshtshatyk mit dem Regierungsviertel, dem Haus der Chimären und dem Marienpalast ist noch immer gesperrt, abseits davon lässt sich die Stadt frei besichtigen. Die Sperrstunde währt aktuell von Mitternacht bis fünf Uhr morgens. Sie ist unbedingt einzuhalten. Ansonsten drohen empfindliche Strafen. Das Fotografieren von regierungsamtlichen und militärischen Einrichtungen ist streng untersagt. Gleiches gilt für die Infrastruktur wie Bahnhöfe, Brücken und Gleisanlagen. Der Reisepass ist stets und auf allen Wegen mitzuführen.

Das Kyjiver Höhlenkloster.

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Falk Schäfer
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