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Ostwärts Reisen

Das mongolische Postamt in Berlin

Seit Herbst 2020 nicht mehr in Betrieb – der Flughafen Berlin-Tegel. Foto: © Hans Knips

Die staatliche Fluggesellschaft MIAT (Mongolian International Air Transport) hält nahezu ein Monopol auf Flüge von und nach Ulaanbaatar. Die Konkurrenz aus Turkish Airlines und Aeroflot ist nicht sonderlich ausgeprägt, zumal die Umsteigezeiten in Moskau oder Istanbul zum Teil sehr lang sind. MIAT fliegt direkt oder nur mit kurzer Zwischenlandung in Moskau, die Maschinen sind sicher, der Service komfortabel. Allerdings muss man dafür in der Regel doppelt so viel berappen, wie für Flüge in andere ostasiatische Metropolen. Die Strecke nach Tokyo beispielsweise ist um ein Drittel länger, kostete mit einer der großen europäischen Airlines aber selten über 500 Euro. Bei Ulaanbaatar mit MIAT waren es zumeist etwas mehr als 1.000 Euro. Aufgrund dieser Diskrepanz konnte es deutlich günstiger sein, mit MIAT über Ulaanbaatar nach Korea oder Japan und wieder zurück zu fliegen, als nur hin und rück Ulaanbaatar zu buchen. Meine Freundin und ich wollten das ausnutzen, konnten auf diese Weise fast 500 Euro sparen und vor unsere alljährliche Mongoleireise ein paar spannende Tage in Seoul schalten.

Eine Boeing der Mongolian International Air Transport (MIAT) auf dem Weg von Tegel nach Ulaanbaatar.

Der mittlerweile geschlossene Flughafen in Berlin-Tegel war so etwas wie das inoffizielle deutsch-mongolische Postamt. Wie oft waren meine Freundin oder ich dort, um irgendwelchen losen Bekannten Pakete für die Familie zu übergeben. Das widersprach zwar allen Richtlinien, war aber gängige Praxis, weil halt schnell und günstig. Die mongolische Community in Berlin ist klein und vital. Man kennt und hilft sich. Und so versammelten sich an den Flugtagen weit mehr Menschen in der Tegeler Schalterhalle, als in die mittelgroße Maschine passten. Die einen verabschiedeten Freunde oder Verwandte, nicht wenige andere wollten aber nur schnell was loswerden. Ich fand diese Mentalität der kleinen Gefälligkeiten ein wenig nervig. Und am Flughafen neigte ich noch weniger zu Kompromissen. Regeln sind nun mal Regeln. Und überdies überschritten unsere Koffer ohnehin stets die 23-Kilo-Grenze, weil sie bereits im Voraus mit etlichen Geschenken und Mitbringseln von Freunden für deren Familien vollgestopft waren. Ich mochte es überhaupt nicht, auf den guten Willen am Check-In angewiesen zu sein, zumal dort vor Mongoleiflügen zumeist das reinste Chaos herrschte und meine Nerven strapazierte. Von dieser Sichtweise konnte ich auch Solongo überzeugen und sie versprach mir hoch und heilig, auf keinen Fall schwach zu werden.

In diesem Bewusstsein erreichten wir das Hauptterminal. Wenige Minuten später wurde Solongo von einer losen Freundin angesprochen. Sie erkundigte sich nach dem Wohlbefinden und fragte nach den Reiseplänen, musterte dabei fortlaufend den Umfang unseres Handgepäcks. Auf einer Sackkarre neben ihr waren zehn quaderförmige Pakete gestapelt. Ich wurde weitgehend ignoriert.

Ich ahnte, was kommen würde, doch mein Einfluss war begrenzt. Tatsächlich wurde ich bald gebeten, eines der Pakete zu nehmen. Es war für seine Größe extrem schwer, doch Insistieren war zwecklos, weil die Dame mit ihrer Sackkarre schon weiter durch die Abfertigungshalle zog. Solongo und ich hatten unseren ersten Urlaubsstreit. Beleidigt, wie ich war, sicherte ich ihr zu, mit diesem Ding keinesfalls durch die Sicherheitskontrolle zu gehen. Ich stapfte also mürrisch voran und konnte von Ferne beobachten, was sich zwischen meiner Freundin und dem Sicherheitspersonal entfaltete. Nach der ersten Durchleuchtung wurde sie gefragt, ob sie wüsste, was in dem Paket sei, worauf sie wahrheitsgemäß mit Nein antwortete. Einige Belehrungen später wurde eine riesige Maschine herbeigebracht, die dem Ding von allen Seiten zu Leibe rückte. Die hätten sie gleich dabehalten sollen, denn sie würden sie an diesem Nachmittag noch genau neunmal benötigen. Es stellte sich heraus, dass wir einen Außenbordmotor transportierten, der in der Mongolei in einen Generator für die vielen aus dem Boden schießenden touristischen Jurtencamps umfunktioniert werden würde.

Unser Streit war bald geschlichtet. Erstens war die Posse nun überstanden und zweitens fanden wir es lustig. Im Flieger saß eine Kontaktperson, die mich wortlos aufforderte, das Paket im Gepäckfach über ihr zu verstauen. Sie hätte ruhig Danke sagen können. Aber gut.

Am Dschingis Khan-Flughafen von Ulaanbaatar gab es wider Erwarten keinen Transitbereich, sodass wir vor unserem Weiterflug nach Seoul erst einmal mühsam einreisen, unser Gepäck aufnehmen, den Zoll passieren, erneut einchecken und wieder ausreisen mussten. War aber auch egal, weil wir unseren Anschlussflug ohnehin längst verpasst glaubten. Die Kofferbänder in Tegel waren ausgefallen, sodass sich der Abflug um zweieinhalb Stunden verzögert hatte. Etliche Nachfragen beim Flugpersonal brachten keine Klarheit. Erst beim erneuten Einchecken in Ulaanbaatar erfuhren wir, dass wir in der gleichen Maschine unterwegs sein würden, mit der wir gekommen waren und dementsprechend doch noch Anschluss nach Korea finden würden.

Die Ankunftshalle des alten Flughafens von Ulaanbaatar. Der moderne, neue Flughafen hätte inklusive das dann geschaffenen Transitbereichs schon längst ans Netz hätte gehen sollen. Berlin lässt grüßen.

Jedenfalls konnten wir aufgrund dieser Umstände die Ankunft der Außenbordmotoren beobachten. In der Halle stand ein fülliger, mittelalter Herr mit einer Sackkarre und tatsächlich hatten es alle zehn Pakete nach Ulaanbaatar geschafft. Mongolen können verblüffend optimistisch sein. – Im Baumarkt günstig zuverlässige Außenbordmotoren erstanden. Die Dinger müssen irgendwie in die Mongolei. Ok. Dann nimmt man halt die Sackkarre und fährt nach Tegel. Niemand sonst wäre auf diese Idee gekommen. Und das Schöne ist: Es hat funktioniert.

Noch ein paar Tipps zum Schluss

MIAT ist eine seriöse Fluggesellschaft mit modernen Maschinen und einem guten Service. Das Positive zuerst. Das Monopol für Mongoleiflüge und die hohen Preise sind aber ein Ärgernis. Echte Konkurrenz machen lediglich Turkish Airlines über Istanbul und Aeroflot über Moskau. Allerdings haben beide ihre Tarife dem sehr hohen Grundniveau angepasst und bieten zumindest in eine Richtung sehr ungünstige Umsteigezeiten.

Eine Alternative, die vor der Pandemie vor allem von den Mongolen genutzt wurde, waren die verhältnismäßig günstigen Verbindungen mit Siberian Airlines oder Aeroflot in die burjatische Hauptstadt Ulan-Ude – ab Berlin war das manchmal für nur 600 Euro hin und rück zu haben. Von dort ist es mit Zug oder Bus nur noch eine Tagesreise bis Ulaanbaatar. Macht sicherlich auch für viele europäische Touristen Sinn, denn auf diese Weise lassen sich der Baikal (nur zwei Stunden Autofahrt von Ulan-Ude) und die Mongolei kombinieren. Vor der Pandemie fuhr täglich ein Zug nach Ulaanbaatar. Und zweimal in der Woche flog die kleine private mongolische Hunnu Air von Ulan-Ude in die mongolische Hauptstadt. Im Gegensatz zu den Mongolen benötigen die meisten Europäer für Russland allerdings ein Visum.

Man wird sehen, was wird. Der neue Flughafen von Ulaanbaatar sollte eigentlich schon längst eröffnet worden sein, aber derlei Geschichten kennt man ja aus Berlin. Ein japanisches Bauunternehmen hatte dieses Großprojekt schon vor Jahren schlüsselfertig übergeben, doch es fehlt weiterhin an einer angemessenen infrastrukturellen Anbindung. Nun soll es in diesem Sommer soweit sein. Erstmals gibt es auch einen Transitbereich, mit dem sich Ulaanbaatar zum Hub für Flüge zwischen Europa und Ostasien qualifizieren will. Diese Hoffnungen machen bei einem Blick auf die eurasische Landkarte durchaus Sinn. Ich wünsche gutes Gelingen. Nicht zuletzt, weil es dann mehr Konkurrenz und vermutlich deutlich bessere Preise geben würde.

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